Triebwagen 139 „Breitraumwagen“
Großraumwagen im Zustand für Einmannbetrieb
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Triebwagen 139
Gesprochen von Dorothee Roth
Das wichtigste im Überblick
In den 1950er stand eine Modernisierung der Straßenbahn in Karlsruhe auf dem Programm. In insgesamt drei Serien wurden neue, vierachsige Großraumfahrzeuge beschafft. Die letzte Serie, aus der der Triebwagen 139 stammt, wurde mit einer Wagenbreite von 2,4 m beschafften. Damit waren diese breiter wie alle zuvor gelieferten Fahrzeuge für die Karlsruher Straßenbahn, weswegen diese den Spitznamen „Breitraumwagen“ erhielt. Die Fahrzeuge waren zunächst für den Fahrgastfluss mit Schaffnerplatz eingerichtet. 1968 wurden alle Fahrzeuge auf Einmannbetrieb ohne Schaffner umgerüstet, in diesem Zustand befindet sich der Triebwagen 139. Dazu trägt er einen Aufkleber mit einem roten „S“ auf der Front, dass den schaffnerlosen Betrieb für die Fahrgäste signalisiert. Die Breitraumwagen standen in dieser Form bis 1984 im Linieneinsatz.

Technische Daten

 

Baujahre 1954, 1955 – 1956, 1958
Anzahl Fahrzeuge 23
Fahrzeug-Nummern 119 – 141
Länge 14,1 m
Breite 2,2 m (119 – 133)
2,4 m (134 – 141)
Gewicht 17,8 t (119 – 125)
18,2 t (126 – 133)
18,4 t (134 – 141)
Höchstgeschwindigkeit 60 km/h
Leistung 2 x 95 kW (119 – 133)
2 x 110 kW (134 – 137)
2 x 120 kW (138 – 141)
Sitzplätze/Stehplätze 32/69 (119 – 133)
29/89 (134 – 141)

Lieferung & Aufbau des Fahrzeugs

Anfang der 1950er war der Fahrzeugpark der Karlsruher Straßenbahn stark überaltert. Die Kriegsstraßenbahnwagen haben nur die kriegsbedingten Verluste ausgeglichen. Neben der Mordernisierung ältere Fahrzeuge wurden auch neue Straßenbahnen beschafft. Getreu dem Zeitgeist wurden für die Karlsruher Straßenbahn neue, vierachsige Großraumtriebwagen bestellt. Diese waren mit 14 m deutlich länger wie alle zuvor beschafften Fahrzeuge und konnten deutlich mehr Fahrgästen transportieren. Damit der Schaffner die größere Anzahl an Fahrgästen bedienen kann, wurde ein Fahrgastfluss eingeführt: Man stieg am Heck ein und lösten beim Schaffner seinen Fahrschein. Dazu war ein fester Schaffnerplatz sowie ein großer Auffangraum an der letzten Tür vorhanden. Nach dem Kauf der Fahrkarte konnte man nach vorne durchgehen und Platz nehmen. Der Ausstieg erfolgte an der vorderen und mittleren Tür.

Die ersten beiden Serien wurden mit einer Breite von 2,2 m beschafft. Diese besaßen ein besonders feinstufigen Fahrschalter, weswegen diese Fahrzeuge den Spitznamen „Feinstufer“ erhielten. Die dritte Serie erhielt abweichend eine Breite von 2,4 m. Diese Serie waren die ersten Fahrzeuge mit einer Breite von 2,4 m, die Ihnen den Spitznamen „Breitraumwagen“ verschaffte. Die größere Breite wurde auch bei der anschließenden Beschaffung von Gelenkwagen beibehalten. Außerdem wiesen diese Fahrzeuge einen elektro-pneumatischen Fahrschalter auf. Mit diesem war es möglich, mehrere Fahrzeuge im Zugverband einzusetzen. Da auch ein Einsatz auf der umgespurten Albtalbahn geplant waren, erhielten die Fahrzeuge eine Zulassung für Eisenbahnstrecken. Dafür war der Einbau einer Pfeife sowie die versetzt angeordneten Scheinwerfern erforderlich.

Lieferung Fahrzeug-Nummern Baujahre
1. Serie 119 – 125 1954
2. Serie 126 – 133 1955 – 1956
3. Serie 134 – 141 1958

Zu den Triebwagen wurden passende Beiwagen bestellt. Für die „Feinstufer“ kaufte man gemeinsam mit der ersten Serie 2 Beiwagen. Bei den „Breitraumwagen“ wurden acht passende Beiwagen bestellt, also genau der Anzahl der Triebwagen entsprechend. Diese trafen aber erst drei Jahre nach Auslieferung der Triebwagen ein.

Einsatzgeschichte & Verbleib

Mit der neuen Generation konnte wieder eine deutlich Steigerung des Fassungsvermögens erreicht werden. Daher waren diese nach Auslieferung auf der Linie 1 im Einsatz, auf der am meisten Fahrgäste unterwegs waren. Da für die erste Serie nur zwei, und für die zweite Serie keine Beiwagen bestellt wurden, kamen diese oft mit älteren Beiwagen zum Einsatz. Das waren vor allem Spiegelbeiwagen, teilweise modernisiert mit neuem Stahlaufbau.

Die neuen Breitraumwagen kamen ab 1958 auch auf der Albtalbahn zum Einsatz, da für die frisch umgespurte Strecke nach Rüppur noch nicht genug Gelenkwagen der AVG zur Verfügung standen. Nach der Auslieferung weiterer Gelenkwagen wurden diese ins Stadtnetz versetzt. Die passenden Breitraum-Beiwagen wurden ab 1961 geliefert und damit drei Jahre nach den Triebwagen. Daher waren die Fahrzeuge in der Anfangszeit oft mit einem älteren, zweiachsigen Beiwagen unterwegs.
1968 und 1969 wurden die Fahrzeuge bei der Waggonfabrik Rastatt auf Einmannbetrieb umgerüstet.

Die ersten Feinstufer kamen nach Abstellung der letzten zweiachsigen Beiwagen überwiegend einzeln zum Einsatz. Die ersten Wagen konnten ab 1977 ausgemustert werden. Dabei baute man noch brauchbare Teile aus und verwendete diese für den Bau neuer Gelenktriebwagen. 1981 endete der Linieneinsatz der Feinstufer. Ein Gespann aus Trieb- und Beiwagen blieb erhalten und wurde als Denkmal vor dem neuen Betriebshof West aufgestellt. Dieser wurden dann 1995 verschrottet, so dass kein Fahrzeug erhalten blieb.

Die Breitraumwagen liefen dagegen noch länger bis 1984. Zwei der Fahrzeuge wurden im Anschluss an die Bahnmeisterei als Arbeitsfahrzeug übergeben. Ein anders Fahrzeug wurde zum Fahrleitungsenteisungswagen und ein Fahrzeug zum Rangierwagen der Hauptwerkstatt. Diese beiden Fahrzeuge wurden später zu Partyfahrzeugen umgebaut, und erhielten eine aufällige rot-weiße Lackierung. Im Innenraum erhielten diese eine neu Ausstattung mit Polsterbänken und Tischen. Diese Fahrzeuge konnten für rollende Feiern gemietet werden. Der Triebwagen 139 wurde direkt nach Ausmusterung als historisches Fahrzeug bestimmt und blieb von weiteren Arbeitseinsätzen oder Umbauten verschont. Neben ihm blieb auch der passende Beiwagen 439 erhalten.